BGH verändert 2018 das Verhältnis Quotenunterhalt zu Bedarfsunterhalt

Der BGH revolutioniert das Verhältnis von Quotenunterhalt zu Bedarfsunterhalt

Mit Entscheidung des BGH vom 15.11.17 zum Az. XII ZB 503/16 hat der BGH in fast revolutionärer Weise das Verhältnis des Quotenunterhalts zum Bedarfsunterhalt verändert.

Anlass war der Antrag einer Ehefrau auf Auskunftserteilung zum Unterhalt, obwohl der Ehemann (war Anwalt + Notar) erklärt hatte, er sei unbegrenzt leistungsfähig.

Üblicherweise kam es in solchen Fällen darauf an, dass die Ehefrau ihren Bedarf konkret darlegen konnte. Die Rechtsprechung sprach zudem recht uneinheitlich von einer Sättigungsgrenze die bei ca. 2.500,00 Euro monatlich lag. Wenn also Unterhalt gefordert wurde, der mit dem Eigeneinkommen zusammen über dem Betrag von 2.500,00 Euro lag, war die Ehefrau aufgefordert, konkret vorzutragen, wie die ehelichen Verhältnisse und das Geldausgeben in der Familie geregelt waren und wie hoch ihr persönlicher Anteil daran war. Dazu gehörte der Vortrag wie oft sie zum Frisör ging, was ihre Kosmetikerin und ihr Golftrainer kosteten usw.

In dem konkreten Fall kam der BGH mit dem OLG - trotz Unbegrenzter Leistungsfähigkeit - zu dem Ergebnis, dass ein Auskunftsanspruch der Ehefrau immer schon dann gegeben ist, wenn eine Darlegung des Bedarfs auch nach der Quotenmethode in Betracht kommt. Allein die Erklärung des Ehemannes, er sei unbegrenzt leistungsfähig, lässt die Auskunftsverpflichtung noch nicht entfallen.

Der BGH führt aus, dass sich der Bedarf der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemisst und die ehelichen Lebensverhältnisse sich wiederum nach dem vorhandenen Familieneinkommen richten.

In den weitaus überwiegenden Unterhaltsfällen mit durchschnittlichen Einkommensverhältnissen wird der Unterhalt nach der üblichen Quote bzw Halbteilung berechnet. Die Quotenberechnung muss davon ausgehen, dass das gesamte Familieneinkommen auch zu Konsumzwecken verbraucht wird. Bei besonders guten finanziellen Verhältnissen kann allerdings nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass das gesamte Familieneinkommen für Konsum verbraucht wird. Dann liegt die Vermutung nahe, dass ein Teil des Einkommens auch in die Vermögensbildung fließt. In diesen besonders guten finanziellen Verhältnissen muss die Frau vortragen, wie viel von dem Familieneinkommen für Konsum verbraucht wurde.

Grundsätzlich sieht der BGH keine Obergrenze für eine Unterhaltsberechnung nach der Quotenmethode. Es muss allerdings vorgebracht und ggfls. bewiesen werden, dass das Familieneinkommen tatsächlich vollständig für Konsumzwecke und zur Deckung der ehelichen Lebensverhältnisse verbraucht wurde und nicht in den Spartopf floss. Der Unterhaltsschuldner kann dem substantiiert widersprechen. Dann bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten, den vollständigen Verbrauch darzulegen.

Bislang hatte der BGH in diesen Fällen stets eine konkrete Darlegung des persönlichen Unterhaltsbedarf für notwendig erachtet (BGH FamRZ 2010, 1637 RdNr. 28).

Mit vorliegendem Urteil erklärt der BGH, ausdrücklich an dieser Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten.

Der BGH lässt offen, bis zu welchem Einkommen die tatsächliche Vermutung besteht, dass dieses Einkommen vollständig zur Deckung der ehelichen Lebensverhältnisse verbraucht wurde.

Die obergerichtliche Rechtsprechung der OLGs dazu ist uneinheitlich. Jedenfalls erklärt der BGH, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn die Familiengerichte von einer tatsächlichen Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens ausgehen, wenn das Familieneinkommen das Doppelte des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle nicht übersteigt. Der höchste Betrag der Düsseldorfer Tabelle sind 5.100,00 Euro und das Doppelte wären somit 10.200,00 Euro.

Das bedeutet, dass bis zu einem Einkommen von mindestens 10.200,00 Euro bereinigt netto monatlich der Unterhalt unproblematisch nach der Quotenmethode berechnet werden kann und der Bedarf nicht konkret vorgetragen werden muss.
Der BGH erklärt sogar weitergehend, dass auch bei einem Einkommen oberhalb des Betrages von 10.200,00 Euro die Quotenmethode jedenfalls dann angewandt werden kann, wenn dargelegt und bewiesen wurde, dass auch das noch höhere Einkommen als 10.200,00 Euro in der Familie vollständig zur Verwendung des Lebensbedarf verbraucht wurde.

Nach meiner Auffassung muss daher künftig in den Fällen, in denen sehr gute finanzielle Verhältnisse vorliegen und (meist) die Frau einen hohen Unterhaltsbetrag verlangt, die Ehefrau nicht mehr ihren eigenen persönlichen Bedarf konkret darlegen und beweisen muss, sondern nur noch darlegen und beweisen muss, wie viel Geld von dem Familieneinkommen für den Lebensbedarf der Familie tatsächlich verbraucht wurde. Von dem dargelegten und bewiesenen Betrag kann sie sodann einfach den Quotenunterhalt berechnen. Das ist sehr viel einfacher, als den persönlichen Bedarf darzulegen und zu belegen.

Beispiel:

Ehemann verdient netto bereinigt 20.000,00 Euro im Monat. Davon gibt er allein 4.000,00 Euro monatlich für seine Oldtimer aus, die er allein nutzt und 3.000,00 Euro für Jagdreisen, auf die er allein geht. Es werden 2.000,00 Euro monatlich angespart. Die Frau hat kein eigenes Einkommen. Sie kann im Wege der Bedarfsberechnung darlegen, dass sie für sich 3.000,00 Euro im Monat verbraucht hat.

- Im Wege des Bedarfsunterhaltes könnte sie also maximal 3.000,00 Euro Unterhalt verlangen.
- Nach dem BGH Urteil könnte sie hingegen mindestens 5.100,00 Euro verlangen
- oder sogar ½ des verbrauchten Familieneinkommens = 20.000,00 Euro minus 2.000,00 Euro Rücklagen ./. 2 = 9.000,00 Euro als Unterhalt verlangen, wenn sie belegen kann, dass die 18.000,00 Euro tatsächlich Monat für Monat für Konsum verbraucht wurden.

Damit werden viele Urteile zum bisherigen Bedarfsunterhalt zur Makulatur. Inwieweit hier Altfälle wieder aufgenommen werden können, soweit Bedarfsberechnungen von den Gerichten z.B. wegen fehlender Unterlagen abgewiesen wurden, kann ich noch nicht beurteilen.