Unterhaltsberechtigter lebt im Ausland, Unterhaltsverpflichteter im Inland

Der Fall taucht häufig auf, wenn eine gemischt nationale Ehe vorliegt, die Eheleute in Deutschland gelebt haben und nach Trennung die Mutter mit dem Kind in ihr Heimatland zurückgeht. Hier stellt sich immer die Frage, wie hoch ist der Unterhalt für Mutter und Kind. Die Unterhaltsberechnung hat in zwei Stufen zu erfolgen.

Es ist zu ermitteln, welchen Unterhaltsanspruch der im Ausland lebende Ehegatte und das Kind nach den allgemeinen Grundsätzen haben würden.
In dem zweiten Schritt ist der so ermittelte Bedarf, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft im In- und Ausland, in den Betrag umzurechnen, der erforderlich ist, um den nach deutschen Unterhaltsrecht bestehenden Bedarf im Ausland zu befriedigen. Dabei ist unerheblich, ob der so ermittelte Betrag möglicherweise über oder unter dem liegt, was eine Person mit vergleichbarer Stellung im Ausland verdienen oder sonst erhalten könnte/würde. Es gilt immer noch der Grundsatz, dass auch der im Ausland lebende Unterhaltsberechtigte Ehegatte weiterhin an den ehelichen Lebensverhältnissen des in Deutschland lebenden Verpflichteten teilhat.
Praktische Schwierigkeiten treten bei der Bemessung der unterschiedlichen Kaufkraft im In- und Ausland auf. Hier gibt es in der Literatur verschienen Lösungsansätze.

Es gibt eine Tabelle von Rahm, nach der sich die Gerichte teilweise richten. Allerdings ist diese Tabelle ziemlich pauschal gehalten und lässt kaum erkennen, wie die Ergebnisse ermittelt wurden.
Einige Gericht stellen auf eine Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums ab. Aber auch diese Einteilung ist zu pauschal und war für steuerliche Zwecke gedacht, so dass sie nicht auf Unterhaltsverfahren passt.
Üblicherweise wird auf die Jahresdurchschnittswerte aus den tabellarischen Übersichten des statistischen Bundesamtes zu den Verbrauchergeldparitäten abgestellt. Dieser Lösungsansatz ist vorzuziehen, weil er am genauesten und aktuellsten ist. Dabei wird die Bundesrepublik auf einen Wert von 100 gesetzt und alle Zahlen darunter sind ein geringeres Preisniveau und alle Zahlen darüber ein höheres. Der Bedarf wird dann mit folgender Formel berechnet:

Inländischer Bedarf x Preisniveau = Bedarf im Ausland.

Ein Beispiel: Das Preisniveau in Ägypten beträgt 73,0. Wenn es um Kindesunterhalt geht und das Kind z.B. den Mindestbedarf nach Düsseldorfer Tabelle nach 273,00 Euro hat, ergibt sich folgende Berechnung:

273,00 € x 73%= 199,29 €.

In dem Beispielsfall würde der Vater, wenn er in Deutschland lebt und Unterhalt nach Ägypten zahlen müsste, 199,29 Euro schulden.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, wenn der Unterhaltsverpflichtete im Ausland lebt und der Unterhaltsberechtigte im Inland.

In diesen Fällen gelten die oben gemachten Ausführungen letztlich spiegelbildlich. Es ist sodann der Bedarf des in Deutschland lebenden Unterhaltsberechtigten nach den hiesigen Verhältnissen zu ermitteln. Allerdings muss dem im Ausland lebenden Unterhaltsverpflichteten ein nach den jeweiligen Verhältnissen angemessener Selbstbehalt verbleiben. Dieser kann durch die Anwendung der obigen Tabelle ermittelt werden. In Abwandlung gilt dann folgende Formel.

Inländischer Selbstbehalt x Preisniveau = Selbstbehalt im Ausland.

Gegenüber Kindern gilt ein Selbstbehalt von 900,00 Euro und gegenüber Ehegatten ein Selbstbehalt von 1.000,00 Euro. In unserem Beispielsfall würde das bedeuten, wenn der Unterhaltsverpflichtete in Ägypten lebt und der Unterhaltsberechtigte in Deutschland, wobei wir wieder über Kindesunterhalt reden, hat der in Ägypten lebenden Unterhaltsschuldner folgenden Selbstbehalt hat:

900,00 € x 73% = 657,00 € Selbstbehalt in Ägypten.

In einem anderen Fall, z.B. Norwegen, welches ein Preisniveau von 140 im Verhältnis zu Deutschland hat, ergebe sich folgende Berechnung

900,00 € x 140% = 1.260,00 € Selbstbehalt.

In diesem Falle hätte der Unterhaltsverpflichtete einen Selbstbehalt von 1.260,00 €. Die Tabellen zu den ausländischen Preisniveaus können beim statistischen Bundesamt abgerufen werden. Am untersten Ende liegen Länder wie Laos und Ägypten mit 72 bzw. 74 und am obersten Ende Norwegen mit 140 und Japan mit 140,5.