Härtescheidung § 1565 II BGB (ohne Einhaltung des Trennungsjahres)

Es taucht immer wieder die Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen auf das Trennungsjahr verzichtet werden kann. Das Gesetz sieht hierfür nur die so genannte Härtescheidung nach § 1565 II BGB vor. Bei Vorliegen einer unzumutbaren Härte ist es dem Anderen nicht zuzumuten länger verheiratet zu sein. Die Härtegründe müssen sich eben auf das Eheband beziehen und die Umstände müssen in der Person des anderen Ehegatten vorliegen. Dabei ist nicht auf das subjektive Unzumutbarkeitsempfinden des verletzten Ehegatten abzustellen, sondern vielmehr ist zu fragen, ob ein besonnener Dritte bei ruhiger Abwägung aller Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag reagieren würde. Sollten diese Gründe vorliegen, ist auch ohne Trennung eine Scheidung bereits möglich. In den Fällen der sogenannten Fehlehe (die Ehe ist von Beginn an gescheitert) oder der sogenannten Scheinehe (die Ehe verfolgt nur den Zweck, dem ausländischen Partner eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen) gilt § 1565 II BGB.

Die Gründe können auch erst nach Scheitern der Ehe eingetreten sein und dem Anderen muss kein Verschulden hinsichtlich der in seiner Person liegenden Gründe vorwerfbar sein. Damit kommen also auch persönliche Eigenschaften und Krankheiten als Gründe für eine Härtescheidung in Betracht. Ich möchte stichwortartig Gründe aufführen, die einerseits nicht ausreichen und andererseits mit großer Wahrscheinlichkeit ausreichen.

Nicht ausreichende Gründe

- Wiederholte Aushäusigkeit oder nachlässige Haushaltsführung

- Ständig grundlose Eifersuchtsszenen

- Verletzung der ehelichen Treue (hier gibt es aber Urteile von bis)

- körperliche Misshandlung, wenn einmalig und im Affekt erfolgt

- Vergewaltigung, wenn Ehefrau anschließend doch den Kontakt zum Ehemann beibehalten hat

Umstrittene Fälle

- Werden Unterhaltspflichten gegenüber Frau und Kindern verletzt, werten einige Gerichte dies als unzumutbare Härte

- Streitig ist auch, ob die Aufnahme gleichgeschlechtlicher Beziehungen ein Härtegrund ist

Gründe, die in der Regel für eine unzumutbare Härte sprechen

- Alkoholmissbrauch und mehrfaches Scheitern bzw. Verweigern von Alkoholentziehungskuren

- Das Vertrinken des Familienunterhaltes

- Gewalt gegenüber Kindern und der Ehefrau

- Die Kombination aus übermäßigem Alkoholgebrauch, unkontrollierten Wasserlassen und Gewalttätigkeiten gegenüber der Ehefrau

- Das Einsperren eines Ehepartners mit Gewalttätigkeiten (dieser Fall ist streitig)

- Schwerste Beleidigungen und Bedrohungen des Anderen

- Morddrohungen

- Aufforderung zum Gruppensex

- Jahrelanger Drogenmissbrauch, auch im Beisein des Ehegatten und der Kinder

- Aufforderung zum Geschlechtsverkehr zu Dritt, nachdem ein ehebrecherisches Verhältnis entdeckt wurde

- Eine neue Lebensgemeinschaft und die Geburt eines Kindes aus dieser Gemeinschaft

- Ehebrecherische Beziehungen von gewisser Intensität und von gewisser Dauer (drei Monate) besonders, wenn in der ehemaligen ehelichen Wohnung stattgefunden

- Ehebruch mit der 19jährigen vorehelichen Tochter der Ehefrau

- Durch Heiratsannoncen gefundene Frauen und monatelanges Zusammenleben mit ihnen

- Das Verlassen der Ehefrau, die gerade ein Kind geboren hat, um mit einer anderen Frau zu leben

- Laufende Misshandlungen und Beschimpfungen in Gegenwart der Kinder

- Nervenkrankheit, wenn diese nicht schon vor der Eheschließung bekannt war

- Aufnahme der Prostitution nach Trennung

- Eheschließung nur, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen

- Straftaten gegenüber den Ehepartnern oder deren Eltern (Untersuchungshaft wegen vermutlicher Tötung der Eltern der Ehefrau)

- Selbstmordversuch, aber nicht, wenn der Andere selbst mitwirkende Ursache für dieses Drama war

- Hartnäckige Unterhaltsverweigerung (streitig)

- Grundloses Verlassen des Anderen, spezielle wenn kleine Kinder zu betreuen sind

- Verweigerung des Geschlechtsverkehrs, auch aus medizinischen Gründen.

Allgemein ist aber zu sagen, dass die Gerichte sehr streng mit den Voraussetzungen einer Härtefallscheidung umgehen. Es ist äußerst schwierig einen solchen Antrag durchzubringen. Meine Erfahrungen zeigen, dass die Richter sich ungern mit diesen Fragen beschäftigen und ein Verfahren so lange hinauszögern, bis das Trennungsjahr ohnehin abgelaufen ist. In dem Verfahren auf Härtescheidung wären die vorgebrachten Gründe meist mit Zeugen vom Richter zu klären. Hier scheint es einen großen Unwillen in der Richterschaft zu geben, solche Verfahren zu führen. Ich persönlich bin dazu übergegangen, meinen Mandanten fast grundsätzlich von einer Härtescheidung abzuraten, es sei denn, in dem Verfahren ist massive Gewaltsanwendung aufgetreten.

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