Zum BGH-Beschluss 2017 "Wechselmodell"

BGH vom 01.02.2017 zur Anordnung des Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils

Der dem BGH vorgelegt Fall entsprach tausend anderen Fällen. Die Eltern waren geschieden, der 13jähirge Sohn lebt im Wesentlichen bei der Mutter, der Vater hatte das 14tägige Umgangsrecht an den Wochenenden und eine Ferienregelung. Dies war dem Vater nicht genug und er beantragte beim Familiengericht das Wechselmodell als Umgangsregelung. Er wollte seinen Sohn im wöchentlichen Wechselturnus von Montag nach der Schule bis zum darauffolgenden Montag bis zum Schulbeginn zu sich nehmen. Das Familiengericht wies den Antrag ab und auch das OLG in Nürnberg wies die Beschwerde des Vaters zurück. Nach der Rechtsbeschwerde hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies die Sache an das OLG zurück.

Viele Väter haben nach diesem Beschluss die Hoffnung, sie bräuchten einfach nur das Wechselmodell als Umgangsregelung beantragen und aufgrund dieser BGH-Entscheidung müsste ein Familiengericht, auch wenn die Mutter es nicht wünscht, das Wechselmodell anordnen.

Das wird nicht so sein.

Ein wesentlicher Satz des BGH lautet: „Das zwischen den Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell Konsens besteht, ist hingegen keine Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung. Dies ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass der Wille des Elternteils und das Kindeswohl nicht notwendig übereinstimmen und es auch nicht in der Entscheidungsbefugnis eines Elternteils liegt, ob eine dem Kindeswohl entsprechende gerichtliche Anordnung ergehen kann oder nicht. Würde der entgegen gesetzte Wille eines Elternteils gleichsam als Vetorecht stets ausschlaggebend sein, so würde der Elternteil ohne Rücksicht auf die zugrundeliegende jeweilige Motivation des Elternteils in sachwidriger Weise über das Kindeswohl gestellt.

Das Wechselmodell ist danach anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.“

Wir müssen also zur Kenntnis nehmen, dass auch weiterhin geprüft wird, welches Modell (Residenzmodell oder Wechselmodell) dem Kindeswohl am besten entspricht.

Der BGH hat in seiner Entscheidung einige Anhaltspunkte gegeben, die für zukünftige Entscheidungen über das Wechselmodell Bedeutung haben werden.

- So stellt der BGH klar, dass das Wechselmodell keinen Vorrang vor anderen Betreuungsmodellen haben kann.

- Er stellt klar, dass das Wechselmodell höhere Anforderungen an die Eltern und auch an das Kind stellen, da sich das Kind auf zwei verschiedene Lebensumgebungen einstellen muss.

- Der BGH hebt hervor, dass ein Wechselmodell nur bei einer „auf sicherer Bindung beruhenden, tragfähigen Beziehung zu beiden Elternteilen“ in Betracht kommt.

Da damit das Kind angesprochen ist, sind bereits Probleme bei Säuglingen und Kleinkindern zu erahnen.

- Letztlich wartet der BGH zwingend geeignete Rahmenbedingungen wie örtliche Nähe der elterlichen Haushalte, Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen.

Ein Wechselmodell, bei dem also die Wohnorte der Eltern weit voneinander entfernt liegen und z.B. die Erreichbarkeit der Schule oder des Kindergartens von einem Wohnort schwieriger sein dürfte, könnte schon aus diesem Grunde ausscheiden.

Im Fazit sehe ich nicht, dass hier ein entscheidender Sieg für das Wechselmodell erreicht werden konnte. Allerdings hat der BGH den Weg eröffnet, eine familiengerichtliche Anordnung eines Wechselmodells im Bereich eines Umgangsverfahrens auch gegen den Widerstand eines anderen Elternteils zu erreichen. Ob dies in der Praxis von großem Erfolg gekrönt sein wird, muss allerdings bezweifelt werden.