Kindergartenkosten sind Mehrbedarf und neben dem Tabellenunterhalt geschuldet BGH XII ZR 65/07

Neues Grundlagenurteil des BGH zu Kosten Kindergarten (BGH XII ZR 65/07)

Leitsatz des BGH:

Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten. Das gilt sowohl für die Zeit vor dem 31. Dezember 2007 als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes 2007 am 1. Januar 2008 (Aufgabe der Senatsurteile vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 886 und vom 5. März 2008 - XII ZR 150/05 - FamRZ 2008, 1152, 1154). Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten.

Mein Kommentar dazu:

ich halte dieses Urteil als ein Grundlagenurteil für falsch (man muss sich einfach mal die sehr guten finanziellen Verhältnisse der konkreten Parteien anschauen). Es kann eine Flut von Prozessen auslösen und finanziell unrealistische Ansprüche (meist der betreuenden Mütter) wecken. Bislang galten jedenfalls die Kosten des normalen halbtägigen Kindergartens mit den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle als abgegolten. So der BGH noch vor kurzem. Die Begründung des BGH aus Bezügen zum Sozialrecht ist m.E. nicht sachgerecht. Wenn der BGH in den Gründen angibt:

“Daraus folgt, dass Empfänger von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt regelmäßig keine Kosten für die Betreuung eines Kindes in einem Kindergarten aufzubringen haben, solche Kosten demnach weder Teil der Regelleistungen zu sein brauchen noch in Form ergänzender Leistungen erfolgen müssen, um einen zusätzlichen Bedarf zu decken.”

und daraus schließen will, dass Unterhalt verlangende, weil kinderbetreuende Elternteile nicht schlechter stehen dürfen, also Kindergartenkosten grundsätzlich Mehrbedarf neben den Tabellensätzen seien, vergleicht der BGH Birnen mit Äpfeln. Im Sozialrecht mag es richtig sein, dass der Staaat neben den sonstigen Leistungen die Kosten der Kindergärten gesondert bezahlt. Im privaten Unterhaltsrecht belastet dies einseitig fast nur die unterhaltsverpflichteten Väter. Betreuende Mütter arbeiten selten (bzw. können es selten) in einem Bereich über dem Selbstbehalt und werden so selten an den Kosten zu beteiligen sein. (Dies stelle ich nur als Tatsache fest, aber bewerte es nicht)
In den meisten Unterhaltsverfahren landen die Väter ohnehin beim Selbstbehalt oder nur knapp darüber. Dies wird jetzt noch dramatischer, wenn die Kindergartenkosten generell Mehrbedarf sein sollen. Auf die unterhaltspflichtigen Väter kommen monatliche Mehrkosten von mindestens 50 - 100 EUR zu. Der Mindest-Tabellenunterhalt beträgt ohnehin 199,00 EUR. Dies wird massiven Frust bei den Unterhaltspflichtigen auslösen. Wenn dann die betreuenden Elternteile während der Kindergartenzeiten noch nicht einmal zur Erwerbsobliegenheit herangezogen werden, drohen hier massive Schieflagen.

Ich schließe mich da dem ISUV-Vorsitzenden an, der schreibt:

”Der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler kritisiert:

„Die Rechtsprechung des BGH ist seit der Unterhaltsrechtsreform unstet. Mit diesem Urteil werden in Zeiten der Wirtschaftskrise Begehrlichkeiten geweckt, wird zum Prozessieren geradezu eingeladen. Dabei muss dem BGH doch klar sein, Unterhaltszahler/innen sind heute schon ausgepresste Zitronen. Die Lösung kann nur darin liegen: gebührenfreie Kindergartenplätze.“

Es wird dringend Zeit, dass der Staat in dieser Situation kostenlose Kindergartenplätze garantiert



Eingestellt am 19.05.2009 von RA Thomas von der Wehl
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6 Kommentare zum Artikel "Kindergartenkosten sind Mehrbedarf und neben dem Tabellenunterhalt geschuldet BGH XII ZR 65/07":

Am 26.05.2009 schrieb (anonym) folgendes:
Ich denke, das ist Betreuungsunterhalt durch die Hintertür. Die Mutter ist in der Pflicht, die Betreuungsleistung zu erbringen - so das Gesetz, wenn der Vater den Barunterhalt bestreitet.
Ich denke, wenn sie das dann nicht selbst tut - warum auch immer, dann hat das Kind den Anspruch gegen SIE und nicht gegen den Vater.
Ich meine, wenn sie z. B. arbeiten muss, weil sie kein Geld zur Verfügung hat, um ihren Unterhalt zu bestreiten, dann geht das Kind genau DESHALB in den Kindergarten und nicht aus anderen, vorgeschobenen Gründen. Die Bundesländer gehen inzw. dazu über, mindestens das 3. Kindergartenjahr kostenfrei zu lassen, damit genau diese pädagogisch wertvolle Betreuungsleistung durch eine Einrichtung erreicht werden kann - für alle Kinder. Sukzessive soll das für alle Kindergartenjahre gelten, was äußerst begrüßenswert ist.
Heute aber ist es so: Die Mutter muss ja nicht mal Vollzeit arbeiten, hat dann u. U. sogar noch einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen den Vater, bekommt für das Kind Kindesunterhalt und dann noch die Betreuungskosten erstattet (die sie dann auch noch von der Steuer absetzen kann). Sehr merkwürdige Rechtssicht.

Ich möchte auf noch etwas hinweisen, weil es ja unabhängig von der Höhe des Kindesunterhaltes ist, ob Kindergartenkosten finanziert werden müssen.
Ein hoher Unterhalt soll gerechtfertigt sein, weil der Vater einen hohen Lebensstandard hat. Sei es so, wenn es denn so wäre. Ein Vater, der viel verdient muss noch lange keinen hohen Standard haben - kommt auch auf die weiteren Unterhaltsverpflichtungen an!
Bsp: Selbständiger, 5000 Euro Nettoeinkommen, 2 Kinder mit der ersten Frau, 1 mit einer anderen Frau. Für alle 5 Personen zu Unterhalt verpflichtet (teils Betreuungs- , teils noch Ehegattenunterhalt). Bleibt von seinem hohen Einkommen nicht mehr viel übrig.
Kinder haben "hohen Lebensstandard" - höher als Kinder eines Normalverdieners, Vater aber nicht mehr. Aus den hohen Unterhaltsleistungen soll jetzt nicht einmal der Kindergarten bezahlt werden müssen, was ja im Vergleich zu den Kindern von Normal- und Geringverdienern hieße: Sie können ihren Unterhalt für Markenklamotten und Kost aus dem Feinkostladen ausgeben und sich Luxusartikel kaufen, weil Kiga ist Mehrbedarf, den zahlt Papi extra.
Die anderen Kinder sind eben arm. Da reicht es für Aldi und das Notwendigste, Papi kann vermutlich nicht mal mehr den Kiga extra bezahlen, das tut dann der Staat?

Am 07.07.2009 schrieb (anonym) folgendes:
Dem oben genannten Artikel kann ich nur Recht geben.Meine Ex ist eine von diesen die nur abzocken und auf unser gem. nimmt sie kaum Rücksicht.Der Staat macht es sich sehr einfach.Die Gleichbehandlung wird hier mit den Füßen getreten!!!
MfG
Am 01.09.2009 schrieb (anonym) folgendes:
Mir bleibt bei manchen echt die Spucke weg!!!
Einfach nur Gejammere zum abwinken! Klar manche Väter leben wirklich schon am Minimum...und manche wollen nicht mal ein Cent Unterhalt bezahlen! Wenn ich mir manche Frauen so anhöre: dann sind sie absolut keine Abzocker..geschweige denn böse Frauen wie manch ein Mann behauptet!
Es sind schlichtweg gekränkte Männer in ihrem Vaterstolz! In ihrer Vaterliebe etc.! Von meiner Seite ist dieses Gesetz einfach nur Gerecht! Denn der Vater von unserem gemeinsamen Kind zahlt wirklich nur das Nötigste mit der Begründung: ich hätte genug zum Leben ( wohlgemerkt: 164€ Kindergeld inc. 199€ Kindsunterhalt von ihm )mehr ist nicht drin! Mein neuer Freund soll für alles aufkommen!! Andere Zapfstellen für Geld hab ich nicht und will ich auch nicht! Lieber Arbeiten!!! Was die meisten Firmen ablehnen da ich alleinerziehend bin. Jegliche Kosten für mein Sohn muss ich aufkommen ohne jede Unterstützung. Der Kindsvater lässt es sich gutgehen. Lebt über seine Verhältnisse arbeitet schwarz ( was ich leider nicht nachweisen kann ) seine Mutter steckt ihm regelmässig Geld zu...da schreien die Männer nach nicht Rechtens???!!! Nein!!! für mich ist dieses Gesetz ein Segen!!! Und es könnten noch mehr solcher Art kommen!!
Meine Achtung gilt nur solchen Männern die seine Kinder unterstützen in jeder Hinsicht ( nicht nur finanziell ) !!! DANKE für das Lesen...
Am 16.10.2009 schrieb (anonym) folgendes:
Ich finde die Entscheidung richtig. Denn schließlich soll auch der Vater sich an den Kosten beteiligen. Die Mutter ist doch eh immer schlechter dran. Sie kann meistens nicht ganztags gehen - so wie der Vater, der seine Karriere weiterverfolgen kann -, muss schauen, wie sie Ferienbetreuung und Krankheit vom Kind mit der Arbeit unter einen Hut bringen kann, Fortbildung kann sie eh vergessen. Der Vater geht nach 8 Stunden Arbeit heim und kann sein Leben weiterleben. Die ganze Verantwortung bleibt doch bei der Mutter, die nicht nur 8 Stunden Arbeit hat, sondern oft 24 Stunden da sein muss. Glücklich ist diejenige, die dann mal Großmutter und Freunde hat, die mal die Kinder nehmen. Also warum beklagt ihr Männer euch. Ich finde nach all dem was Mütter leisten, ist es ein Pinats, wenn der Kindergarten- bzw. Betreuungsbeitrag von den Vätern übernommen werden muss. Die Mütter haben ja eh nach einer Trennung alle Probleme und Schwierigkeiten selbst zu meistern. Und seien wir mal ehrlich, ob sie nun Geld für ihre Kinder mal ein paar Groschen zahlen, oder ob sie es für ihr"Hobby" ausgeben. Ich bin der Meinung, da ist es fürs Kind besser angelegt. Väter sollten viel mehr in die Pflicht genommen weden. (Die meisten jedenfalls)...
Am 25.11.2009 schrieb (anonym) folgendes:
Mütter gehen nicht für sich arbeiten! Sie sind auch nachts für das Kind da. Ich kann nur 30 Std. arbeiten. Und da Firmen Teilzeit mit 'halbtags' verwechseln geht das nur mit Zeitarbeit. Und natürlich braucht das Kind einen Hortplatz. Der schließt hier um 16.30. D. h. ich ARBEITE jeden Tag OHNE PAUSE, sonst komme ich nicht auf meine 6 Stunden. Das Kind braucht ein eigenes Zimmer. Also rechnet Euch mal Einkommen und Miete aus. Ich kann mich nur bei der Caritas einkleiden und hoffe, dass ich meinem Kind für Weihnachten was kaufen kann. Vielleicht zocken irgendwelche Frauen jemanden ab - ich kenne solche Frauen nicht. Mein Ex hat Auto, Wohnwagen, Motorrad und macht Urlaub - all das kann ich mir nicht leisten. Ich kann nicht mal ausgehen, um jemanden kennenzulernen. Dann darf mir von den Lehrern die ganzen Vorurteile gegen Alleinerziehende anhören. Außerdem weiß ich jetzt schon, dass die Rente für mich niemals ausreichen wird. Dafür erziehe ich ein vollwertiges Mitglied für diese Gesellschaft.
Am 26.04.2011 schrieb (anonym) folgendes:
zu den letzten 3 Damen, die sich hier polemisch äußern, kurz mal meine Lebens/Zahlsituation:
Ich zahle an meine Ex, unverheiratet, 1 Kind, der beste Sohnemann, den ich mir vorstellen kann folgende Beträge: ~275€ Kindesunterhalt, 400€ Betreuungsunterhalt und trage 140€ der Kindergartenkosten. Macht in Summe 815€.
Meine monatlichen Nettoeinnahmen belaufen sich seit Neuem auf 1900€, bzw. knapp 2100€ mit inkl. 13. Gehalt, welches immer vakant ist. Von diesen werden min. 300€ Tilgungskosten für einen Kredit abgezogen, den ich vor dem Kennenlernen der Kindsmutter aufgenommen habe. Riesterzahlungen habe ich gestundet. Versicherungen habe ich nur das Nötigste.
Und wer jetzt rechnen kann, bemerkt, dass ich schon längst unter meinen Selbstbehhalt gerutscht bin.
Nun steht als nächstes an, diese Problematik der Kindsmutter näher zu bringen. Die Freude kann sich sicherlich jeder vorstellen. Immer dem Risiko ausgesetzt, sich es mit der Kindsmutter zu verscherzen und somit das bis dato gütlich geeinigte Umgangsrecht zu riskieren.
Jede, die über die nichtzahlenden, an den Kindern desinterressierten Männer pauschal rüberkämmt, verunglimpft die sicherlich vielen zahlenden fürsorglichen ihre Kinder liebenden Väter.
Verpauschalisieren tut nicht nur die Bildzeitung. Und es soll eine nicht allzu geringe Zahhl an zahlenden Vätern geben, die finanziell "voll im Ar*ch" sind. Ich stehe gerade davor.

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