UNTERHALT - Neue BGH Entscheidungen 2015

UNTERHALT - Neue BGH Entscheidungen 2015  - 09.08a
Ich habe einige Neuerungen zum Unterhaltsrecht aus dem Jahr 2014 zusammengetragen. Es handelt sich im Wesentlichen um Entscheidungen des BGH und teilweise des Bundesverfassungsgerichts. Aus den Entscheidungen habe ich den wesentlichen Inhalt mit eigenen Worten zusammengefasst.

Neuerungen beim Verwandtenunterhalt

1. Der BGH hat am 19.03.14 (FAMRZ 2014, 923) entschieden, dass wenn der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes nicht gesichert ist, die vom Unterhaltsschuldner angesetzten Darlehensraten grundsätzlich nicht in voller Höhe berücksichtigt werden können.

2. Zum Wohnwert hat der BGH in seiner Entscheidung vom 10.07.13 (FAMRZ 2013, 1563) festgehalten, dass beim Unterhalt minderjähriger Kinder grundsätzlich der objektiver Wohnwert anzusetzen ist. Dies ist der Wohnwert, der bei einer Vermietung am Markt erzielbar ist.

3.Der BGH hat am 24.09.14 (FAMRZ 2014, 1992) festgestellt, dass bei einer gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber Minderjährigen, wenn der Unterhaltsschuldner trotz vollschichtiger Erwerbstätigkeit den Mindestunterhalt nicht sichern kann, ihm eine zumutbare Nebentätigkeit zugerechnet werden kann. Die Unzumutbarkeit muss der Unterhaltsschuldner beweisen.

4. In seinem Urteil vom 23.02.2005 (FAMRZ 2005, 608) stellt der BGH fest, dass jedenfalls dann eine grundsätzliche Obliegenheit besteht Verbraucherinsolvenz zu beantragen, wenn es um den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder geht und dieser nicht bedient werden kann. Eine Ausnahme hierzu hat der BGH mit Beschluss vom 19.03.14 (FAMRZ 2014, 923) festgestellt, wenn es sich bei dem finanziellen Engpass nur um eine zeitlich begrenzte finanzielle Unpässlichkeit handelt, weil das Haus verkauft werden soll.

5. Mit Beschluss vom 22.01.2014 (FAMRZ 2014, 637) nimmt der BGH Stellung zu den realen Beschäftigungschancen eines Unterhaltspflichtigen. Er stellt fest, dass für den Nachweis, dass keine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen vorliegt, natürlich dieser beweispflichtig ist und an die Beweisführung strenge Maßstäbe anzulegen sind. Grundsätzlich seien gesunde Arbeitnehmer im mittleren Lebensalter zu einer vollschichtigen Tätigkeit fähig. Dies soll auch für ungelernte Kräfte oder für Ausländer mit eingeschränkten deutschen Sprachkenntnissen geltend. Nur die Tatsache, dass der Unterhaltsschuldner lange in einem Zeitarbeitsverhältnis war oder lange nur geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ausüben konnte, sei noch kein Indiz dafür, dass keine gut bezahlte Stelle zu finden sei. Für den Unterhaltspflichtigen genüge nicht, wenn er bemüht sei sich fortzubilden oder eine Ausbildung zu absolvieren, damit er später einmal dem Kind Unterhalt zahlen könne.
Der Unterhaltsschuldner muss umfangreiche Erwerbsbemühungen nachweisen und dafür ist nicht ausreichend, dass er sich beim Jobcenter um Stellen bemüht hat.

6. Mit Beschluss vom 05.02.2014 (FAMRZ 2014, 538) hat der BGH feststellt, dass beim Elternunterhalt auch der Wohnvorteil des unterhaltspflichtigen Kindes zu berücksichtigen ist. Bislang waren hier nur die Wohnkosten abgezogen worden.

Kindesunterhalt beim Wechselmodell

1. Es liegt weniger als die hälftige Mitbetreuung eines Elternteils vor.

Der BGH hat mit Beschluss vom 12.03.14 (FAMRZ 2014, 917) festgestellt, dass sich an der Barunterhaltspflicht desjenigen, der jedenfalls nicht die Hälfte der Betreuung übernimmt, nichts verändert, auch wenn der unterhaltspflichtige Elternteil mit seinen Betreuungs- und Versorgungsleistungen einen Umfang erreicht, der fast einer hälftigen Mitbetreuung ähnelt.
Das bedeutet, dass selbst bei einer Betreuungsleistung 55% zu 45% der Elternteil, der nur 45% der Mitbetreuung leistet, vollen Barunterhalt an den anderen zu zahlen hat. Der BGH gibt nur dem Tatrichter die Möglichkeit im Rahmen seines Ermessens durch Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen eine Erleichterung zu erlangen. Wenn es allerdings um den Mindestunterhalt geht, wird sich in dieser Konstellation für den Unterhaltspflichtigen nichts erreichen lassen.

2. Barunterhaltspflichten beim echten Wechselmodell. Mit Beschluss vom 05.11.2014 (FAMRZ 2015, 236) wiederholt der BGH nochmals seine Grundsätze zum Unterhalt beim Wechselmodell. Auch bei einem echten Wechselmodell kann nicht die Barunterhaltspflicht beider Elternteile entfallen, weil damit nur noch der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre. Beim echten Wechselmodell haben beide Eltern für den Barunterhalt einzustehen. Der Bedarf des Kindes beim echten Wechselmodell bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst zusätzlich die wegen dieses Modells entstehenden Mehrkosten, die im Wesentlichen aus erhöhten Wohn- und Fahrtkosten bestehen.

Sonstige Unterhaltsentscheidungen

1. Mit Beschluss vom 09.07.2014 (FAMRZ 2014, 1536) nimmt der BGH Stellung zu Kaufkraftunterschieden. Diese tauchen immer dann auf, wenn z.B. der Unterhaltsschuldner in einem anderen Land lebt, dass eine andere Kaufkraft aufweist, als die Bundesrepublik. Der BGH stellt fest, dass der Tatrichter die vom statistischen Amt der Europäischen Union (EuroStat) ermittelten vergleichenden Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern, herangezogen werden können.

2. Mit Entscheidung vom 07.05.2014 (FAMRZ 2014, 1183) teilt der BGH mit, dass bei Beamten, die wieder verheiratet sind und einen Familienzuschlag dafür erhalten, dieser Familienzuschlag jedenfalls hälftig auch bei einer Unterhaltsberechnung der geschiedenen Ehefrau zu berücksichtigen ist.

3. Mit Beschluss vom 09.04.14 (FAMRZ 2014, 1098) nimmt der BGH Stellung zu der Situation, dass die geschiedene Ehefrau in dem ehemals gemeinsamen Haus verblieben ist und den Miteigentumsanteil des Ehemannes gegen Zahlung des halben Wertes übernommen hat. Die Ehefrau war der Meinung, dass ihr aus diesem Grunde kein Wohnvorteil zuzurechnen sei. Dies sieht der BGH anders. Er hat entschieden, dass der übernehmenden Ehefrau sehr wohl ein Wohnvorteil in Höhe des Wertes der gesamten Wohnung zuzurechnen sei. Dieser Wert muss gemindert werden um die unterhaltsrechtlichen Belastungen, einschließlich aller Belastungen, die durch den Erwerb des Eigentumsanteils entstanden sind. Bei dem Ehemann erhöht sich dessen Einkommen um die Zinsen aus dem Verkaufserlös.