BGH ändert Rechtsprechung zu Tilgung beim Wohnvorteil

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Der Wohnvorteil und die Tilgungsleistungen im Unterhaltsrecht

Beispielsfall:

Der Unterhaltsschuldner bewohnt eine eigene Immobilie mit einem ermittelten Wohnwert von 1.000,00 Euro. Er zahlt monatlich an die Bank 800,00 Euro, wovon 200,00 Euro Zinsen und 600,00 Euro Tilgungsleistungen sind.

Frage: wie hoch ist der dem Unterhaltsschuldner zuzurechnende fiktive Wohnwert.

Bisherige Rechtsprechung:
Der Wohnwert beträgt nach bisheriger gängiger Rechtsprechung 800,00 Euro (1.000,00 € - 200,00 € für Zinsen). Die 600,00 Euro Tilgung galten als einseitige Vermögensbildung und konnten allenfalls im Rahmen der zusätzlichen Altersversorgung (maximal 4% vom Bruttoeinkommen) berücksichtigt werden. Ist hier aber bereits eine Lebensversicherung als zusätzliche Altersversorgung berücksichtigt, bleiben die Tilgungsleistungen für den Unterhaltsschuldner unberücksichtigt. Das Argument für diese Rechtsprechung war eben, dass die Tilgung auf die Immobilie eine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten wäre und von dem Unterhaltsberechtigten daher nicht hingenommen werden müsse.

Diese Rechtsprechung hat der BGH mit einem Beschluss vom 18.01.17 aufgegeben.

Aktuelle Rechtsprechung:
Im Beschluss vom 18.01.17 hat der BGH ausgeführt, dass Tilgungen auf die Immobilie bis zur Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen vom Wohnwert abgezogen werden können.

Frage: wie hoch ist der Wohnwert im Beispielsfall nach der aktuellen Rechtsprechung?

Antwort: nur noch 200,00 EUR (1.000,00 Wohnwert minus 800,00 an die Bank)

Erstaunlich ist, dass die gravierende Änderung der Rechtsprechung kaum zur Kenntnis genommen wurde. Die Leitlinien der Oberlandesgerichte befassen sich nicht damit und teilweise wurde in der Kommentierung argumentiert, dass die Änderung der Rechtsprechung nur den Elternunterhalt betreffen würde.

Das scheint mir eindeutig falsch zu sein.

Wenn die Bewertung des Wohnwertes verändert wurde, muss es für alle Unterhaltsarten gelten, also auch für den Kindesunterhalt. Ich fand es schon immer merkwürdig, dass fiktive geldwerte Positionen für die Bemessung von Unterhalt herangezogen wurden.

TIPP: wenn in Ihrer Unterhaltsberechnung ein Wohnwert ohne Tilgungsleistungen herangezogen wurde, besteht möglicherweise ein Abänderungsgrund. Lassen Sie sich anwaltlich beraten.