Nach dem Scheidungsbeschluss will man doch nicht mehr geschieden werden. Was ist zu tun?

Der Fall ist mir schon mehrfach untergekommen. Ich gehe mit meiner Mandantschaft in den Ehescheidungstermin. Die andere Seite ist nicht anwaltlich vertreten. Das Gericht hört die Eheleute an und vergewissert sich, dass sie geschieden werden will. Im Termin wird der Scheidungsbeschluss verkündet. Ein paar Tage später, also noch vor Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses ruft meine Mandantschaft mich an und verkündet, dass sie beide es sich überlegt hätten und doch nicht mehr geschieden werden möchte. Man habe es sich anders überlegt.

Was ist für den Anwalt zu tun?

Es gibt zwei Möglichkeiten, an die man zunächst denkt. Die erste Möglichkeit ist die Rücknahme des Scheidungsantrages und die zweite Möglichkeit ist die Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss.

Rücknahme

Über die Vorschrift des Paragrafen 113 Abs. 1 FamFG sind die Vorschriften der ZPO entsprechend anwendbar. Daher richtet sich auch die Rücknahme eines Scheidungsantrages nach Paragraf 269 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift kann der Scheidungsantrag ohne die Einwilligung des anderen Ehepartners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache zurückgenommen werden. Damit stellt sich die Frage, ob die Anhörung der Eheleute im Termin nach Paragraf 128 FamFG eine mündliche Verhandlung im Sinne der ZPO ist. Sollte dies der Fall sein, wäre eine einseitige Rücknahme nicht mehr möglich. Da im Beispielsfall der Ehemann nicht anwaltlich vertreten war, ist die Anhörung jedoch kein Verhandeln im Sinne des Paragrafen 269 ZPO. Damit kann der Scheidungsantrag noch jederzeit vor Eintritt der Rechtskraft auch einseitig zurückgenommen werden. Nochmals zur Verdeutlichung: das funktioniert nur, wenn ausschließlich die Antragstellerseite anwaltlich vertreten war und der andere Ehepartner ohne Anwalt aufgetreten ist.

Beschwerde

wie oben dargestellt, ist eine Beschwerde nicht notwendig. Fraglich ist jedoch, ob sie jedenfalls auch zulässig ist. Die Zulässigkeit könnte fraglich sein, da derjenige Beschwerde einlegen will, der den Scheidungsantrag gestellt hat und auf dessen Antrag hin das Familiengericht antragsgemäß entschieden hat. Es könnte an der formellen Beschwer fehlen. Eine solche formelle Beschwer ist jedoch in Scheidungsangelegenheiten nicht erforderlich. Die materielle Beschwer liegt in der Scheidung als solcher. Damit ist in Scheidungsverfahren die Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss auch dann zulässig, wenn die Entscheidung antragsgemäß ergangen ist.

Konsequenz

sollte ein Mandant nach dem Scheidungstermin seinem Anwalt offenbaren, dass er eigentlich gar nicht geschieden werden wollte und gern möchte, dass die Scheidung rückgängig gemacht wird, ist die Rücknahme des Scheidungsantrags der richtige Weg. Die Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss wäre zwar auch möglich, da aber häufig Verfahrenskostenhilfe beantragt werden musste, ist davon auszugehen, dass jedenfalls für das Beschwerdeverfahren keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden wird. Wird der Scheidungsantrag zurückgenommen, gilt das gesamte Scheidungsverfahren, also auch das Verfahren über den Versorgungsausgleich, als nicht rechtshängig und die Entscheidung des Familiengerichtes wird wirkungslos.